Als echter Fan besucht man natürlich auch das Training der Mann- schaft. Ich hatte es da relativ leicht. Meine Schule, die Realschule am Aurikelstieg, lag in Norderstedt nur wenige Meter vom damaligen Trai- ningsgelände entfernt. Es gibt so einige Erinnerungen:
An Kevin Keegans erstes Training zum Beispiel. Ein Riesenauflauf, alles abgesperrt, vor Trainingsbeginn hatten nur die Journalisten Zutritt.
An ein anderes Mal als der Peter Nogly direkt neben mir stand. Er wurde wegen seiner Statur
Eiche genannt. Ein Mann wie ein Baum. So hatte ich ihn mir auch vorgestellt und so hatte ich ihn auch von
Block F der
Westkurve in Erinnerung. Als ich neben ihm stand, dachte ich nur: Mensch, ist der klein! Dazu muss man wissen, dass ich 1,96 groß bin und schon damals recht stabil gebaut war. Da konnte der Nogly einfach nicht mithalten.
An ein Training, Jahre später, als der Stig Töfting den Gravesen über das halbe Gelände des Paul-Hauenschild-Anwesens jagte. Es muss die Saison 2000/01 gewesen sein. Gravesen war ja für seine Späße bekannt. Was das anging, ein legitimer Nachfolger vom Charly Dörfel. Die beiden rannten und rannten. Je länger das anhielt, desto weniger sah es nach zusätzlicher Trainingseinheit aus, auch nicht nach der dänischen Form des Tickspielens und erst recht nicht nach Spaß. Es schien bitterer Ernst. Erst heute weiß ich, dass Töfting gern einmal austeilte und wegen Körperverletzung in Dänemark sogar verurteilt wurde. Beim Training ging alles friedlich aus, Töfting war zu langsam gewesen, um an den Gravesen heranzukommen. Und vielleicht war es ja doch nur
just for fun gewesen?
Eine Trainingeinheit unter Happel ist mir schweißtreibend in Erinnerung. Er trieb die Spieler bis an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfä- higkeit und, wie mir schien, darüberhinaus. Hinsetzen, kurzer schneller Antritt, Wende um eine Fahnenstange, kurzer schneller Antritt, Hin- setzen, sofortiges Wiederaufstehen, kurzer schneller Antritt... Und das Ganze ohne Pause bis zur Erschöpfung. Das war brutal. Da wurde mir schon vom bloßen Zusehen schwarz vor Augen. Seitdem weiß ich, dass Bundesliga-Profis nicht nur Fußballspieler, sondern auch echte Hochleistungssportler sind.
Übungsbilder für das Training auf Seite 9 der Jugendillustrierten des DFB Fußball-Jugend vom 4. April 1970
Ein Training, das ich besuchte, fand in der ersten Hälfte der 70er-Jahre noch im alten Stadion an der Rothenbaumchaussee statt. Vielleicht war es eines der sogenannten Showtrainings. Unser Präsident, Herr Dr. Peter Krohn, machte sogar aus dem Training eine Show. Ich erinnere mich an ein schon zu jener Zeit altmodisch anmutendes Trainingsge- rät, ein Kopfballpendel. Es bestand aus einem Pfahl mit oben ange- brachter Querstange (wie ein Galgen), einer Leine und einem daran befestigten Fußball. Diesen normalen Fußball sollte ich wohl besser als Kopfball bezeichnen, denn etwas anderes, als ihn mit dem Kopf zu bewegen, war mit möglich. Der Ball pendelte in gut zwei Meter Höhe hin und her. Ein zwei Schritte, dann sprang Manni Kaltz, es muss eine seiner ersten Spielzeiten beim
HSV gewesen sein, in die Höhe und gab dem Ball neuen Schwung. Das ging eine ganze Weile so. Einzeltraining am Kopfballpendel.
Manni Kaltz hatte andere Stärken. Kopfbälle waren eher die Sache von Nogly, Buljan und natürlich Horst Hrubesch. Vielleicht war es aber genau diese Trainingseinheit gewesen, in der Manfred Kaltz sich in den Kopfballspieler hineinversetzte. Die Trainingseinheit, in der es in ihm
klick machte und er begriff, wie einem wie dem Hrubesch die Bälle auf den Kopf serviert werden mussten.
Siehe auch: Manni Kaltz und sein Jubiläumsspiel